Film

Catherine Tramell – Basic Instinct

Wer ein Buch über einen Mord schreibt, der wenig später genauso passiert, macht sich verdächtig. Schlägt angesichts der Ermittlungen aber einfach entspannt die Beine übereinander: Catherine Tramell.

Basic Instinct (1992) – Die Story

Drehbuch: Joe Eszterhas
Ein ehemaliger Rockstar wird brutal mit einem Eispickel ermordet. Seine Freundin, die verführerische Autorin Catherine Tramell (Sharon Stone), macht sich in den Augen des ermittelnden Polizisten Nick Curran (Michael Douglas) schnell verdächtig. Blöd nur, dass die gute Catherine ihre Reize nicht nur bei früheren Rockstars erfolgreich einsetzen kann.

 

Die Einführung von Catherine Tramell

Die beiden Polizisten Nick und Gus fahren hinaus zum schicken Strandhaus von Catherine Tramell. Verhör ist angesagt. Entspannt sitzt Catherine auf ihrer Terrasse am Meer und genießt den Ausblick. Sie unterbricht Nicks Vorstellungsmonolog und möchte direkt wissen, wie ihr „Bekannter“ gestorben ist. Nach dem sie dies erfahren hat stellt sie klar, dass er eigentlich nur ihr Sexpartner war. Wohlgemerkt schon seit anderthalb Jahren. In der Nacht des Mordes hätten sich die Wege der zwei nach einem kleinen Umtrunk aber getrennt. Und sowieso war sie in der Nacht ja mal so gar nicht in der Stimmung für Sex.

Nick bleibt aber hartnäckig und erkundigt sich, ob Catherine der Tod ihrer Affäre denn überhaupt leid tut. Sie bejaht. Denn der Sex war ja schon richtig gut. Jetzt hat Catherine aber genug geplaudert und bittet die beiden Polizisten zu gehen. Gus droht sie mit aufs Revier zu nehmen, aber diese Drohung verpufft. Entweder ihr verhaftet mich oder ihr verpisst euch, lautet Catherines Antwort. Da verhaften nicht drin ist entscheiden sich Nick und Gus, mit einer Mischung aus Wut und Faszination, für die zweite Option. Und unsere kühle Blondine genießt wieder entspannt die Sonnenstrahlen.

Catherine Tramell in "Basic Instinct" - Zitat

Die Analyse

Das erste Auftreten einer Figur sollte ja eigentlich leicht zu bestimmen sein. Aber es gibt auch Szenarien, da wird das Ganze ein bisschen komplexer. Welche Blondine da in der ersten Szene von „Basic Instinct“ ihren Rockstar-Liebhaber mit einem Eispickel meuchelt, ist leider nicht eindeutig auszumachen. Die Auflösung gibt es erst am Ende des Filmes. Spoilern ist aber nicht die Aufgabe dieses Blogs und so überspringen wir dieses kleine Gewaltintermezzo einfach. Die Identität der Dame ist ja auch zu Beginn nicht eindeutig zuordenbar. Und am Ende ist der Umgang mit einem Eispickel und das Repertoire an Sextechniken ja für eine Charakterzeichnung auch vernachlässigbar.

Wobei die Szene natürlich trotzdem in gewisser Weise eine Rolle spielt. Sie beeinflusst nämlich die Meinung des Zuschauers, der so natürlich den späteren Auftritt von Catherine ganz anders wahrnimmt. War sie es oder war sie es nicht, fragt er sich. Charakterzeichnung ist eben mehr als einfach nur das, was auf dem Bildschirm passiert. Mit einem solch mysteriösen Beginn legt man auf jeden Fall gleich mal eine geheimnisvolle Aura rund um die Figur der Catherine.

Catherine Tramell in "Basic Instinct"
Der wahre Höhepunkt kommt noch (Foto: ©Studiocanal).

Das Haus hat Charakter
Ein weiterer beliebter Trick, um einen Protagonisten zu überhöhen und geheimnisvoll wirken zu lassen, ist dessen Auftritt länger herauszuzögern. Den nutzt auch „Basic Instinct“ und verwendet dabei sogar noch einen kleinen extra-Twist. Unsere beiden Cops fahren für ihr Verhör zu Catherines Adresse, nur um dort erst einmal die falsche Dame zu verhören. Erst nach ein paar Fragen stellt sich heraus, dass die hübsche Dame in dem noch hübscheren Haus nur die Freundin von Catherine ist. Neben der Stadtvilla hat Catherine aber auch noch ein Strandhaus. Und dorthin müssen Nick und Gus nun noch einmal aufbrechen, um ihr eigentliches Zielobjekt zu treffen.

Diese kleine Episode hat durchaus Auswirkungen auf die Fantasie des Zuschauers bezüglich Catherine. Und zwar nicht einfach nur, weil dieses Herauszögern des ersten Auftritts die Figur geheimnisvoller wirken läßt. Auch die Tatsache, dass die gute Catherine in einem genauso luxuriösen wie kühlen Prachtbau wohnt, formt schon ein erstes Bild der Figur im Kopf des Zuschauers. Zeig mir wo du wohnst und ich zeig dir wer du bist.

Catherine Tramell in "Basic Instinct"
Sind wir im falschen Haus? Das ist auf jeden Fall nicht Catherine (Foto: ©Studiocanal).

Auf der Jagd nach der Gegenspielerin
Wir bekommen in der luxuriösen Stadtvilla aber noch mehr Hinweisbrocken auf die nicht anwesende Hausbewohnerin. Ein gewisser erotischer Unterton schwingt schon mit, wenn die sich lasziv präsentierende Roxy sich als Catherines Freundin vorstellt. Und das sie die Polizisten gleich verdächtigt, von der Sitte zu sein, läßt ebenfalls Raum für Interpretationen. Verrucht und reich – diese Attribute beginnen sich ab jetzt im Hinterkopf des Zuschauers zu manifestieren. Und lenken die Vorstellung bezüglich Catherine damit schon in die richtige Richtung, wie wir bald merken werden.

Erst einmal wird aber weiter der Geduldsfaden des Zuschauers strapaziert. Nick und Gus fahren raus zum Strandhaus, nur um dort vor verschlossenen Türen zu stehen. Designer-Türen, um genau zu sein. Sie sind in illustrer Gesellschaft, da zwei teure Sportwagen ebenfalls vor dem Eingang geparkt sind. Wieder wird also der Auftritt von Catherine herausgezögert und wieder wird die Figur weiter überhöht. Protzige Stadtvilla, teures Strandhaus, schicke Autos und wunderschöne Freundin – wer ist diese Frau?

Catherine Tramell in "Basic Instinct"
Ausparken wird schwierig. Das Strandhaus von Catherine Tramell (Foto: ©Studiocanal).

Meine Terrasse, meine Regeln
Die Antwort gibts bei einem Blick auf die Rückseite des Hauses. Dort sitzt Catherine, entspannt mit einer Kippe im Mund, auf einer Terrasse und genießt die traumhafte Aussicht. Das Warten hat ein Ende und nun muss nur noch, live und in Farbe, das bestätigt werden, was die vorherigen Minuten bereits unterstellt haben. Und so fokussiert der Film sich nun vor allem darauf, Catherine dominant, kühl und verrucht wirken zu lassen.

Eine Prise Dominanz gibt es gleich zu Beginn des Gespräches. Während Nick Catherine anständig begrüßt, ignoriert Catherine diese Höflichkeitsform komplett. Einen ähnlichen Fall hatten wir hier vor kurzem mit dem guten Alonzo Harris, der es ebenfalls nicht für nötig erachtete den Helden der Geschichte zurückzugrüßen. Ein ziemlich aussagekräftiger Beginn für eine Konversation, bei der deutlich wird, dass eine der beiden Parteien es nicht für nötig erachtet sich an die bekannten Regeln zu halten. Genauso aufschlussreich ist aber, dass diese Coolness noch mal von der Hauptfigur bestätigt wird. Nickt zieht die Sonnenbrille ab und reagiert mit einer Mischung aus Faszination und Anerkennung. Das wird eine harte Nuss, ahnt er. Und auch der Zuschauer. Catherine ist hiermit noch mal eine Stufe nach oben gehievt worden.

Catherine Tramell in "Basic Instinct"
So läßt es sich leben. Catherine genießt die Aussicht (Foto: ©Studiocanal).

In no mood for love
Weiter geht es mit dem Statusspiel. Catherine läßt Nick gar nicht ausreden, sondern unterbricht ihn gleich zu Beginn. Und sie teilt ihm mit, dass sie ja sowieso weiß, warum er hier ist. Womit sie sich gleich in die dominante Gesprächsposition bringt. Obwohl ja eigentlich sie verhört werden sollte. Sie zeigt dazu noch Eiseskälte, da sie scheinbar vollkommen unbeeindruckt vom Ableben ihres Ex-Lovers ist. Und schließlich ist es noch Zeit für die dritte Ebene. Catherine erzählt bereitwillig, dass dies keine Beziehung war. Nein, sie hat das Mordopfer einfach nur gerne gefickt. Solche vulgäre Töne werden noch öfters folgen. Das Vokabular spricht manchmal eben Bände.

Danach gerät Catherine allerdings kurzzeitig etwas in die Defensive. Nick löchert sie mit Fragen zum gestrigen Abend. Man will ja auch den Helden nicht ganz als Trottel dastehen lassen. Aber lange läßt sich Catherine nicht in die Ecke treiben. Angesprochen auf die Frage, ob sie gestern Besuch hatte, antwortet sie vielsagend: „No, I wasn’t in the mood last night“.

Catherine Tramell in "Basic Instinct"
Ich habe hier die Hosen an. Catherine dominiert das Gespräch (Foto: ©Studiocanal).

Charakter mit Frostgefahr
Mit anderen Worten sagt uns Catherine hiermit: Ich entscheide, wie der Laden läuft. Vor allem auch in ihrem Sexleben. Kurz darauf driftet Catherine dann auch wieder ins Vulgäre ab und lobt die Sextechniken des Ermordeten. Und nennt diese als den zentralen Grund, warum ihr das Ableben des Herren leidtut. Ein Gefrierfach an Mensch, das versucht jederzeit die Kontrolle über das Gespräch zu behalten.

Dominanz ist für Catherine alles. Und genau aus diesem Grund ist es dann auch Catherine, die das Gespräch schließlich für beendet erklärt. Selbst die Drohung der Cops, sie mit aufs Revier zu nehmen, kontert sie gelassen. Wenn sie was in der Hand hätten würde sie natürlich mitkommen. Bis dahin sind die Zügel aber in ihrer Hand. Und mit einem höflichen „get the fuck out of here“ werden die Beamten dann des Grundstücks verwiesen.

Catherine Tramell in "Basic Instinct"
Schön war es mit euch Jungs. Aber jetzt, fuck off (Foto: ©Studiocanal).

Kein Sieg der Herzen
Nick und Gus ziehen also machtlos von dannen, womit der Kampf der Protagonisten hiermit eindeutig zu Gunsten Catherines entschieden wurde. Die sich wiederum entspannt dem Sonnenbaden widmet. Kühle Dominanz gepaart mit genauso direkter wie vulgär-verruchter Ausdrucksweise, das reicht ja auch schon für einen ordentlichen ersten Eindruck.

So konzentriert sich „Basic Instinct“ letztendlich vor allem auf die für den Film entscheidenden Charakterzüge von Catherine und überhöht die Figur gleichzeitig geschickt Schritt für Schritt. Geheimnisvoll und undurchschaubar, das sind genau die richtigen Zutaten für eine femme fatale. In Kombination mit dem zweideutigen Beginn ein ordentlicher Ausgangspunkt für einen Psycho-Thriller.

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