Film

George Banks – Vater der Braut

Die Liebe zur eigenen Tochter ist einzigartig. So einzigartig, dass man diese sich doch nicht von einem dahergelaufenen Yuppie klauen läßt. Sieht die Hochzeit seiner Tochter sowohl 1950 als auch 1991 mit kritischen Blicken: George Banks.

Vater der Braut (1991) – Die Story

Drehbuch: Nancy Meyers (1950er Version: Francis Goodrich, Albert Hackett)
Der Familienvater George Stanley Banks (Steve Martin) ist entsetzt – seine Tochter Annie will ausgerechnet den Yuppie Bryan heiraten. An dem Typen muss doch etwas faul sein. Mit einem Haufen Vorurteile und schlechter Laune steigt George in die Hochzeitsvorbereitungen mit ein – was natürlich nicht lange gut geht. Und so stellt sich die Frage, ob George Annie am Ende ziehen lassen kann oder mit seinem Verhalten das junge Paar auseinandertreibt.

 

Die Einführung von George Banks

Eine große Hochzeitsparty hat das Haus von George Banks in ein Schlachtfeld verwandelt. Alleine sitzt dieser nachts in seinem Sessel und philosophiert, direkt an das Publikum gewandt, über Hochzeiten. Genauer gesagt über die seiner Tochter Annie. Er schwelgt in Erinnerungen und philosophiert über die Liebe seiner Tochter für ihn. Und wie solch eine Liebe bei Vätern erst zu großer Freude und später zu noch größeren Verlustängsten führen kann. Erst hat man Angst, dass sein geliebtes Kind an den falschen Mann gerät. Dann fürchtet man sich davor, dass es den Richtigen trifft.

George teilt uns mit, dass er hofft eines Tages auf diesen Hochzeitsabend mit warmer Nostalgie blicken zu können. Jetzt aber echauffiert er sich lieber noch ein wenig über die Kosten dieses Events. Und er wird nachdenklich, als er sich daran erinnert, dass vor einem halben Jahr genau in diesem Haus die Ereignisse ihren Lauf nahmen.

George Banks in "Vater der Braut" - Zitat

Die Analyse

Ein Protagonist, der zur Einführung erst einmal einen Rückblick auf das was uns erwartet präsentiert? Und der dabei direkt in die Kamera und somit zu uns spricht? Dieses Stilmittel der Charaktereinführung haben wir in diesem Blog schon ein paar Mal untersucht. So gesehen eigentlich nichts Neues an der Blogfront. Trotzdem lohnt sich ein genauerer Blick auf die Einführung von George Banks in „Vater der Braut“. Denn hier haben wir es mit dem ersten echten Remake in diesem Blog zu tun. Und der Vergleich mit dem über 40 Jahre alten Original zeigt: Charaktereinführungen können zwar zeitlos sein – doch ein paar frische Pinselstriche sind eventuell dann eben doch nötig.

Blicken wir aber erst einmal auf den Protagonisten unserer modernen Variante von „Vater der Braut“: George Banks. Der 1991er-Film beginnt mit einer längeren Kamerafahrt über das von den Hochzeitsgästen hinterlassene “Schlachtfeld“ in Georges Haus. Angesichts des Chaos auf den Tischen ist das zentrale Event des Filmes, die offensichtlich sehr wilde Hochzeit, schnell etabliert. Doch wo ist unser Protagonist? Der sitzt alleine in einem Sessel und übernimmt nun die klassische Erzählerrolle. Ein Stilmittel, mit dem man hier nicht nur die wichtigsten Fakten beim Publikum etablieren möchte. Sondern vor allem auch das emotionale Herz des Filmes: die Liebe von George zu seiner Tochter, die überhaupt erst das alles hier ins Rollen bringt. Und die natürlich auch etabliert werden muss, damit wir Verständnis für unseren Protagonisten entwickeln. Egal was hier passiert ist, George tat es aus Liebe.

George Banks in "Vater der Braut"
Die armen Schuhe. So ein Event braucht George nicht nochmal (Foto: ©Walt Disney).

Es war einmal eine ganz persönliche Geschichte
Es hat ja fast etwas von einem Märchenonkel, so wie George da in dem riesigen Sessel sitzt. Doch nicht nur das Chaos drumherum, auch seine sarkastische Art machen schnell deutlich, dass dies hier ein eher wildere Märchengeschichte wird. Und vor allem eine sehr persönliche. Durch die direkte Ansprache an das Publikum entsteht von Beginn an eine sehr enge Beziehung zwischen Zuschauern und Protagonist. Dabei merkt man schnell, wie man hier geschickt Verständnis für die Figur des George generieren möchte. Emotional ergriffen schüttet uns George sein komplettes Herz aus – ein Vertrauensbonus, der uns natürlich eng an die Figur rücken läßt. Zusätzlich bittet George sogar auch ganz offen um Verständnis, als er zum Beispiel all die Väter dort draußen anspricht, die seine Gefühle ja sicher nachvollziehen könnten.

Dabei verknüpft der Film geschickt den Aufbau dieses emotionalen Bandes mit dem Etablieren der Hintergrundgeschichte. Wenn George ergriffen davon berichtet, wie es war Annie als kleines Kind in seinen Armen zu halten, dann ist dies eine Art emotionaler Rückblick auf die Beziehung der beiden. Der immer weiter ausgebaut wird, wenn George dann zu den Verlustängsten überleitet und wie es sich anfühlt, wenn das eigene Kind erwachsen wird. Wir reisen also gewissermaßen mit George durch die Zeit. So wird das so wichtige Band zwischen Vater und Tochter etabliert, ohne dies in Rückblenden auch visuell zeigen zu müssen. Die Gefahr, dass die reine Erzählung dieser Reise zu trocken ausfällt wird hier in erster Linie durch die leidenschaftliche Darstellung von Steve Martin abgewendet. Eine solche Einführung packt natürlich deutlich mehr Verantwortung auf die Schultern von Darstellern. Und so greift sich Martin ergriffen an sein Herz und durchläuft in seinem Gesicht gefühlt alle möglichen Emotionen: von Wut und Angst bis hin zu Liebe und Zuneigung. Alles mit einem großen Ziel: das wir als Publikum emotional mit an Bord kommen.

George Banks in "Vater der Braut"
Diese Geschichte geht ans Herz. George erinnert sich wehmütig an seine kleine Tochter (Foto: ©Walt Disney).

So wird ein Schuh draus
Geschickt wird hier also auf der emotionalen Klaviatur gespielt und glaubwürdig ein in sich zerrissener Protagonist mit Herz etabliert. So simpel die Präsentation auch ist, dank einem überzeugenden Darsteller funktioniert das mit der Charakteretablierung ziemlich gut. Doch das Lob muss sich der Film teilen. Denn diese Einführung entpuppt sich als fast exakte Kopie des Originalfilmes aus dem Jahre 1950, in dem unter der Regie von Vincente Minelli die Hollywoodlegende Spencer Tracy den frustrierten Vater geben durfte.

Man sollte ja meinen, das nach 40 Jahren die Welt sich soweit gedreht habe, dass eine komplett neue Charaktereinführung nötig gewesen wäre. Weit gefehlt. Einer der größten Unterschiede zum Remake ist fast noch der Name der Hauptfigur, der hier nur Stanley Banks lautet. Ansonsten beginnt man auch 1950 mit einer Kamerafahrt über die wilden Auswüchse der Hochzeit (die hier sogar noch zerstörerischer wirken), um dann ebenfalls bei Stanley im Sessel zu landen. Und genauso wie George 40 Jahre später nimmt uns auch Stanley mit auf die gleiche emotionale Reise. Dabei ist der Text teilweise exakt identisch – manchmal einfach auch nur leicht umgestellt. So wirbt auch Stanley bei den Vätern im Publikum um Verständnis, berichtet emotional von den ersten Jahren mit seiner Tochter und seinen späteren Verlustängsten. Sogar der Moment, in dem Stanley beiläufig seinen Schuh hochhebt und Dreck herausrieselt wurde vom Remake kopiert. Eine derart getreue Wiedergabe einer Charaktereinführung hat man in Remakes nun wirklich selten.

Stanley Banks in "Vater der Braut"
Auch 1950 waren Schuhe nicht sicher. Stanley hat ebenfalls einen gebrauchten Tag erwischt (Foto: ©Warner Home Video).

Kein Platz für die Dauerwelle
Ein paar Unterschiede gibt es dann aber doch zu entdecken – und es ist ganz interessant, diese kurz unter die Lupe zu nehmen. Dabei zeigt es sich, dass vor allem kulturelle und gesellschaftliche Phänomene hier eine Rolle spielen – das emotionale Herzstück aber unangetastet bleibt. So spricht im Original Stanley über den natürlichen Lauf der Dinge. Zu dem seiner Meinung nach gehört, dass Frauen immer wieder Kinder bekommen. Eine Passage, die im Remake gestrichen wurde. Natürlich ist hier nun auch einige Spekulation dabei, aber es ist gut möglich, dass man diese Aussage selbst 1991 schon für zu traditionell empfunden hat – angesichts einer Gesellschaft, in der Frauen glücklicherweise weniger auf das Kinderkriegen reduziert werden.

Doch es gibt auch Stellen, die eindeutig nur in einer der beiden Zeitlinien existieren können. So spricht George 1991 mit frustriertem Blick vom neuen Doppelnachnamen seiner Tochter. Etwas, das im konservativeren 1950er Szenario natürlich nicht auftaucht. Und während Stanley das Bild der Dauerwelle bemüht, um die rebellische Jugendzeit seiner Tochter zu verdeutlichen, nutzt George 1991 doch lieber Piercing als Beispiel. Es ist vor allem der Gegensatz zwischen sehr konservativem und modernerem Weltbild, der hier immer wieder durchscheint. Wenn Stanley von seiner Angst berichtet, dass Jungs seine Tochter in der Jugend immer umschwärmt hätten, erwähnt er das Thema Sex nicht. Ganz anders George, der freizügig zugibt, dass er vor allem deswegen damals Angst um seine Tochter hatte, weil er selbst ja als junger Mann auch nur auf Sex aus war. Das kann ein Familienfilm der 1950er natürlich nicht bringen – 1991 ist das aber drin.

Die Eröffnungssequenz aus dem Jahre 1951

Umgekehrt ignoriert die 1991 Version aber eine Passage des Originals, die wiederum heute sehr befremdlich klingen würde. So spricht Stanley in der alten Version davon, dass er immer Angst hatte, dass seine Tochter nie jemanden abkriegen würde. Und das dies ja bedeutet hätte, das irgendwas mit seiner Tochter falsch wäre. Das aber entspricht natürlich so gar nicht einem aufgeklärten und modernen Frauenbild. Und hat dementsprechend im Jahre 1991 nichts zu suchen. Doch trotz all dieser kleinen aber faszinierenden Unterschiede – das Herz und die emotionalen Beats der Szene sind in beiden Versionen die gleichen. Und man darf nun fleissig spekulieren, wie wohl jetzt, noch mal über 30 Jahre später, die gleiche Szene aussehen dürfte. Doch egal ob unser Vater sich heute statt Dauerwelle und Piercings lieber über Tinder-Dates echauffieren würde, den richtigen Darsteller vorausgesetzt würden die zentralen Aspekte dieser Einführung immer noch gut funktionieren. Und da ein Remake aktuell bereits schon wieder in Planung ist, gibt es ja vielleicht bald an dieser Stelle Neues zu berichten.

P.S.: Für alle die vergleichen wollen, weiter unten die beiden Dialoge im englischen Original zum Vergleich.

Stanley Banks in "Vater der Braut"
Früher war alles besser. Offensichtlich auch die Partylaune von Hochzeitsgästen (Foto: ©Warner Home Video).

Intro Stanley Banks (1951)
I would like to say a few words about weddings. I’ve just been through one. Not my own, my daughter’s. Someday in the far future, I may be able to remember it with tender indulgence, but not now. I always used to think that marriage was a simple affair. Boy and girl meet, they fall in love, get married, they have babies. Eventually the babies grow up, meet other babies, and they fall in love and get married, and so on and on and on. Looked at that way, it’s not only simple, it’s downright monotonous. But I was wrong. I figured without the wedding.

Now you fathers will understand. You have a little girl. She looks up to you. You’re her oracle. You’re her hero. And then the day comes when she gets her first permanent wave and goes to her first real party, and from that day on, you’re in a constant state of panic. If the boys swarm around, you’re in a panic for fear she’ll marry one of them. If they don’t swarm around, why, of course you’re in another kind of a panic, and you wonder what’s the matter with her. So you don’t worry about it. You say to yourself, ‚I’ve got plenty of time to worry about that. I’ll just put off thinking about it.‘ And then suddenly it is upon you. It was just three months ago, exactly three months ago, that the storm broke here.

George Banks in "Vater der Braut"
Etwas unspektakulärer, da man 1991 lieber auf Nahaufnahmen setzt, aber immer noch ein Schlachtfeld. Auch 40 Jahre später wissen Gäste sich wohl nicht wirklich zu benehmen (Foto: ©Walt Disney).

Intro George Banks (1991)
I used to think a wedding was a simple affair. A boy and girl meet, they fall in love, he buys a ring, she buys a dress, they say „I do.“ I was wrong. That’s getting married. A wedding is an entirely different proposition. I know. I’ve just been through one. Not my own. My daughter’s. Annie Banks-MacKenzie. That’s her married name. MacKenzie. I’ll be honest with you. When I bought this house seventeen years ago, it cost me less than this blessed event in which Annie Banks became Annie Banks-MacKenzie. I’m told that one day I’ll look back on all this with great affection and nostalgia. I hope so. You fathers will understand. You have a little girl. An adorable little girl who looks up to you and adores you in a way you could never imagine. I remember how her little hand used to fit inside mine. How she used to sit in my lap and lean her head against my chest. She said that I was her hero.

Then the day comes when she wants to get her ears pierced and she wants you to drop her off a block before the movie theater. Next thing you know she’s wearing eye shadow and high heels. From that moment on, you’re in a constant state of panic. You worry about her going out with the wrong kind of guys, the kind of guys who only want one thing – and you know exactly what that one thing is because it’s the same thing you wanted when you were their age. Then she gets a little older and you quite worrying about her meeting the wrong guy and you worry about her meeting the right guy. And that’s the biggest fear of all because then you lose her. And before you know it, you’re sitting all alone in a big, empty house, wearing rice on your tux, wondering what happened to your life. It was just six months ago that it happened here. Just six months ago that the storm broke.

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