Serie

Patrick Jane – The Mentalist

Auf Details kommt es an. Gut, dass die Polizeibehörden in Kalifornien stets ihren eigenen kleinen Sherlock Holmes zu Rate ziehen können: das ehemalige Medium Patrick Jane.

The Mentalist (2008-2015) – Die Story

Drehbuch Episode 1: Bruno Heller
Früher hat Patrick Jane (Simon Baker) mit seiner Fähigkeit ein Medium zu sein geprahlt. Nach dem Mord an seiner Frau und Tochter durch einen von ihm provozierten Serienmörder ist er aber vorsichtiger geworden. Und bezeichnet seine Fähigkeit nun lieber als clevere und völlig irdisch veranlagte Kombinationsgabe. Mit der möchte er die Polizei bei der Verbrecherjagd unterstützen, um so eines Tages den Schuldigen für die Bluttat an seiner Familie ausfindig machen zu können.

Die Einführung von Patrick Jane

Die Leiterin der Einheit gegen Schwerverbrechen Teresa Lisbon und der sie beratende Ermittler Patrick Jane werden an einen von der Presse ziemlich überrannten Tatort gerufen. Die Leiche der vermissten Mercy Tolliver wurde in der Nähe ihres Elternhauses gefunden und der Nachbarsjunge als Verdächtiger festgenommen. Scheint ein klarer Fall zu sein. Doch Jane beobachtet aufmerksam das Pressestatement von Mercys Vater Morgan, der sich für die Unterstützung der Helfer bedankt. Die Nähe zu ihrem Mann scheint Juniper, die Mutter von Mercy, dabei irgendwie zu verunsichern. Patrick Jane betritt daraufhin die Küche des Anwesens der Familie Tolliver, um sich ein besseres Bild des Ganzen zu machen. Und einen leckeren Sandwich. Und einen Tee.

Die Einführung von Patrick Jane

Als die verdutzte Juniper ihn in ihrer Küche ertappt, bietet Jane ihr direkt seine Hilfe an. Und einen Tee. Patrick nutzt seine Beobachtungen und listet korrekt einige von Junipers privaten Vorlieben auf. Um dann eine ungeheuerliche Behauptung aufzustellen. Juniper würde ihren Mann des Mordes an ihrer Tochter verdächtigen. Juniper bestätigt ihren Verdacht und Jane bestärkt sie darin. Und konfrontiert dann direkt den durch die Tür kommenden Morgan damit. Der ist natürlich außer sich. Jane läßt nicht locker, doch Juniper entscheidet die Sache auf ihre Art zu lösen. Sie erschießt ihren Mann. Die hereinstürzenden Polizisten versucht Jane daraufhin zu beruhigen. Ist doch gar nicht so schlimm, wie es aussieht.

Patrick Jane in "The Mentalist" - Zitat

Die Analyse:

Eines der simpelsten Mittel, um das Publikum an eine Figur zu binden, ist dieses einfach mit deren Augen sehen zu lassen. Ein weiterer Effekt dieses sogenannten Point of View ist natürlich, dass diese Figur dann auch zwangsläufig in den Mittelpunkt der Handlung rückt. Beispiel gefällig? In der Einführungsszene von “The Mentalist“ sehen wir zwei Figuren, Teresa und Patrick, die einen Tatort besuchen. Erst wird uns dies aus neutraler Sicht geschildert, doch die wird sich schon bald ändern. Zu Beginn geht Teresa vorneweg und startet auch die erste Konversation mit einem Polizisten am Tatort, während Patrick nur stumm daneben steht. Doch weil der vorher neutrale Point of View nun zu Patrick wechselt und wir das Geschehen nun aus seinen Augen erleben, ist Teresa erst mal für das Publikum emotional kaltgestellt. Die “Staffelübergabe der Charakteridentifikation“ erfolgt hiermit an Patrick.

Im Gegensatz zu seiner Kollegin plaudert Patrick nicht gleich los. Und wird auch noch ein bisschen stiller Beobachter bleiben. Ein cleverer Schachzug, welcher der Figur einen Schuss mysteriöse Aura sowie Cleverness verleiht. Gemeinsam mit Patrick nehmen wir nun viele kleine Details war, wie ein gewalttätig wirkendes Tattoo eines Mannes oder das Unwohlsein von Juniper in Gegenwart ihres Mannes. Doch wir erfahren hier noch mehr über Patrick, als die Tatsache, dass er offensichtlich ein gutes Auge für Details hat. Die Ruhe, mit der er alles beobachtet, obwohl um ihn herum eher aufgeregtes Chaos herrscht, spricht auch für eine gehörige Portion Gelassenheit. Dabei sollte man auch einmal auf die Wahl der Hintergrundmusik achten, welche die entspannte und leicht melancholische Stimmung der Hauptfigur sehr gut unterstreicht. Und dabei auch geschickt mit dazu beiträgt, dass man das Gefühl bekommt, dass Patricks Beobachtungen nicht unbegründet sind und irgendetwas hier nicht mit rechten Dingen zugeht.

Patrick Jane in "The Mentalist"
Medium hin oder her – irgendetwas kommt Patrick Jane hier komisch vor (Foto: ©WarnerBros).

Dreist aber einfühlsam
Patricks Beobachtungsgabe und Gelassenheit werden als Nächstes um einen kleinen Schuss Dreistigkeit angereichert. Unser Protagonist betritt das Haus und plündert dort die Küche, um sich gemütlich einen Tee und Sandwich zu machen. Unkonventionell und definitiv nicht das erlaubte Standardvorgehen eines Ermittlers. Angesichts dessen wollen die Macher aber wohl sichergehen, dass wir nicht an Patricks Beruf zweifeln und zeigen uns kurz dessen Polizeiausweis in Großaufnahme. Trotzdem wird klar, hier ist einer, der auch mal gerne die Regeln bricht. Aber natürlich für einen guten Zweck, schließlich entdeckt Patrick weitere spannende Details, wie die Fotos der Familie an der Kühlschranktür. Und die Tatsache, dass Patrick bei all dem so gelassen agiert zahlt natürlich wieder auf dessen Entspanntheitskonto ein. Wie so oft werden also auch hier die wichtigsten Charaktereigenschaften der Hauptfigur in der Einführung doppelt und dreifach betont. Und so reagiert Patrick auch ganz relaxt, als Juniper ihn in der Küche “erwischt“.

Unser Charakterpuzzle ist aber noch nicht vollständig. Gegenüber Juniper kommt Patrick nun sehr schnell auf den Punkt und er teilt ihr ohne viel Umschweife und Smalltalk mit, dass er ihr helfen wird. Diese Direktheit der Figur ist eine Charaktereigenschaft, die hier schon einmal in kleiner Dosis präsentiert wird, bevor wir sie später auf ihrem großen Höhepunkt erleben werden. Vorher werden aber erst einmal die teilweise ja schon sehr dominant und selbstbewusst wirkenden Eigenschaften von Patrick noch ein klein wenig abgefedert – wir wollen ja mit der Figur sympathisieren. So bietet Patrick Juniper freundlich einen Tee an, erkundigt sich um ihr Wohlbefinden und versucht sie zu beruhigen. Es ist einfach immer wieder spannend zu beobachten, wie Autoren dann doch oft sichergehen wollen, dass das Tuch zwischen Publikum und Figur ja nicht durch zu viel negativ konnotierte Charaktereigenschaften zerschnitten wird.

Patrick Jane in "The Mentalist"
Tu casa es mi casa. Patrick muss erst mal lecker essen (Foto: ©WarnerBros).

Sei bloß kein Scharlatan
Je näher wir nun auf den Höhepunkt der Einführungsszene zusteuern, desto mehr zieht die Serie das Tempo an. Und desto deutlicher treten die Charaktereigenschaften von Patrick Jane zu Tage. So rattert er seine Einschätzungen von Junipers Persönlichkeit aufgrund seiner Beobachtungen selbstbewusst runter, was sein Auge fürs Detail und die damit verbundene Kombinationsgabe natürlich so richtig beeindruckend erscheinen läßt. Dabei spielt die Serie mit offenen Karten, denn alles was Jane für seine Schlussfolgerungen braucht haben wir auch gesehen. Und es stärkt die Integrität der Figur ebenfalls, dass Jane die schon fast bewundernde Frage von Juniper nach seinen möglichen Fähigkeiten als Medium mit dem Verweis auf seine Beobachtungsgabe abschmettert. Nein, hier haben wir es nicht mit einem Scharlatan zu tun, sondern mit einer ehrlichen Haut. Die Macher nutzen diese Passage auch noch geschickt, um ein klein wenig Backstory einzuflechten, in dem Jane zugibt zumindest früher als Medium gearbeitet zu haben.

All das steigert die Neugier auf diesen Charakter und passt gleichzeitig darauf auf, die Sympathie für die Figur nicht zu gefährden. Weil er eben nicht nur sehr eigen, sondern auch ehrlich ist. Direkt ist Patrick aber eben auch und diese Eigenschaft wird noch einmal dadurch unterstrichen, dass Jane gegenüber Juniper schnell auf den Punkt kommt: „Warum denken Sie, dass ihr Mann ihre Tochter umgebracht hat?“. Überboten wird dieses unverblümte Auftreten dann wenige Augenblicke später durch den großen Höhepunkt der Einführungsszene, der vorher geflissentlich vorbereitet wurde, damit er nun seine ganze Wucht entfalten kann. Das Jane nun Morgan direkt des Mordes an seiner Tochter beschuldigt, nur um dessen Reaktion und wiederum die Reaktion darauf von Juniper zu beobachten, ist nicht einfach nur clever. Es ist eben auch dreist, unkonventionell und sehr direkt. Und Jane läßt nicht locker, sondern setzt durch seine dominante Körpersprache und das nochmalige Nachhaken seinen Gegenüber gehörig unter Druck.

Patrick Jane in "The Mentalist"
Vor kurzem die eigene Tochter umgebracht? Man wird doch noch mal fragen dürfen (Foto: ©WarnerBros).

Akzeptabler Kollateralschaden
Perfekt läuft für Patrick aber auch nicht alles, denn das Juniper ihren Mann erschießt kommt auch für ihn überraschend. Das sein Vorgehen solch eine Auswirkung haben könnte ist ihm wohl entgangen. Die Serie nutzt dies für die Etablierung eines weiteren Charakterzuges, in dem Jane gefühlt nur innerlich mit den Schultern zuckt und die Aufregung seiner anstürmenden Kollegen offensichtlich nicht teilen mag. Alles halb so schlimm. Das deutet ein klein wenig auf eine düsterer Seite der Figur hin, die kein Problem damit zu haben scheint, dass Mörder auf diese Art und Weise bestraft werden. Ein klein wenig hat man aber auch das Gefühl, dass die Macher die Figur in diesem Fall auch als besonders cool darstellen möchten. Ob das so gut gelingt sei mal dahingestellt, es verleiht der Figur aber auf jeden Fall einen weiteren Charakteranstrich. Und die genervte und gleichzeitig resignierend wirkende Reaktion von Teresa auf die Situation unterstreicht, dass Patrick Janes ungewöhnliches Vorgehen wohl schon öfters für Ärger gesorgt hat.

So fügt sich Stück für Stück ein ziemlich klares Bild unserer Hauptfigur zusammen, das konsequent auf einen Höhepunkt zusteuert und geschickt versucht die richtige Mischung aus Neugier, Bewunderung aber eben auch Sympathie für die Figur bei uns zu wecken. Und gleichzeitig startet man mit einem großen Knall in die Serie und gibt uns einen ziemlich guten Vorgeschmack davon, was die Zuschauer in Zukunft hier wohl erwarten dürfen. Denn dazu bedarf es angesichts dieser Einführung keines Mediums – es reicht eine halbwegs ordentlich ausgeprägte Beobachtungsgabe.

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