Serie

Jonathan Smith – Ein Engel auf Erden

Viele behaupten im Auftrag Gottes unterwegs zu sein. Er ist es tatsächlich. Und Traum jeder Schwiegermutter: Jonathan Smith.

Ein Engel auf Erden (1984-1989) – Die Story

Drehbuch Episode 1: Michael Landon
So richtig toll läuft das ja nicht auf der Erde. Also schickt Gott den Engel Jonathan Smith (Michael Landon) dorthin, um Menschen in Not zu helfen. Liebe, Verständnis, Mitgefühl – Jonathan hat so ein paar sympathische Konzepte mit an Bord. Und kann sogar die Gedanken der Menschen lesen. Die Arbeit ist trotzdem nicht leicht, auch weil vielen Zeitgenossen, wie dem alkoholsüchtigen Mark, soviel Gutes in einer Person schon sehr suspekt vorkommt. Doch auch Mark wird bald erleuchtet und gemeinsam mit unserem Engel jede Menge gute Taten vollbringen.

Die Einführung von Jonathan Smith

Nur mit einer kleinen Tasche bepackt schlendert unser Engel entspannt über einen Highway im Nirgendwo. Als ein Auto heranbraust hebt er seinen Daumen und fragt dessen älteren Fahrer nach einer Mitfahrgelegenheit. Nicht ganz selbstlos verlangt dieser aber dafür 10 Dollar Beförderungsgebühr. Es sei ja nichts umsonst auf der Welt. Helfen schon, meint Jonathan, und lehnt dankend ab. Er schaut dem Auto vielsagend hinterher und muss lächeln, als dieses mit Motorproblemen liegen bleibt. Wie das nur passieren konnte? Der Fahrer namens Clyde akzeptiert nur widerwillig die Hilfe unseres Engels und ist verblüfft, als dieser den Wagen tatsächlich reparieren kann.

Nun kann Clyde natürlich nicht anders und nimmt unseren Engel doch mit. Jonathan erzählt diesem auf der Fahrt von seinem Plan ein Altersheim im Ort zu besuchen und unser ehemaliger alter Miesepeter bietet direkt an, Jonathan bis vor die Tür zu fahren. Dort angekommen betritt Jonathan das trostlos wirkende Altersheim und bewirbt sich um den Job als Gärtner. Mr. Haskins, der kaltherzige Chef des Hauses, möchte Jonathan ohne Referenzen aber natürlich nicht einstellen. Er ändert seine Meinung aber schnell, als Jonathan anbietet erstmal umsonst zu schuften. Wer hört das nicht gerne. Zur Sicherheit weist Mr. Haskins Jonathan aber noch mal darauf hin, dass ihm eine exakte Bestandsliste aller Arbeitsgeräte vorliegt. Lächelnd nimmt Jonathan diesen Wink mit dem Zaunpfahl zur Kenntnis. Er läßt sich dann von dessen Assistentin Leslie zum Geräteschuppen führen, hilft ihr dort das wie verhext wirkende Schloß zu öffnen und bittet sie um Hilfe bei der Suche nach einer Unterkunft. Die bejaht das, ist aber auch verwirrt. Woher kennt dieser Mann ihren Namen, wenn der vorher doch gar nicht erwähnt wurde?

Jonathan Smith in "Ein Engel auf Erden" - Zitat

Die Analyse:

Wie bastel ich mir eigentlich einen Engel? Also bei einer Charaktereinführung. Die Antwort, die „Ein Engel auf Erden“ dafür findet, mag natürlich vielen sehr kitschig erscheinen. Aber ist ein Engel nicht auch ein ziemlich kitschiges Wesen? Die Serie findet in der ersten Folge dabei so passende erste Bilder für den Charakter von Jonathan, dass diese gleich für die ganze Serie als Vorspann herhalten dürfen. Das wollen wir uns dann doch einmal genauer anschauen. So starten wir (und in Zukunft jede weitere Folge) mit einem kurzen Flug erst durch und dann in die Wolken, der schließlich sanft zu einem über einen Highway spazierenden Mann überblendet. Der mit dem Sonnenaufgang im Rücken durch die weiße Überblendung wie eine gottgleiche Erscheinung aus dem weißen Licht heraustritt. Wenn das kein Wink mit dem Zaunpfahl ist.

Nach dem der ebenso verräterische Titel (im Original „Highway to Heaven“) zu sehr romantisierender Musik eingeblendet wurde, wird uns das Gesicht des Fremden aber erst mal noch etwas vorenthalten. Erst nach dem wir kurz dem Schatten des entspannt dahinschlendernden Mannes gefolgt sind, fährt die Kamera langsam an ihm hoch und gibt sein Antlitz frei. Das Zusammenspiel aus Musik und der genauso romantisierenden wie mystifizierenden Bildersprache macht auf jeden Fall deutlich: hier haben wir es wohl mit einem friedfertigen und ganz besonderen Menschen zu tun.

Jonathan Smith in "Ein Engel auf Erden"
Aus allen Wolken gefallen – Jonathan startet sein neuestes Abenteuer (Foto: ©Pidax Film- und Hörspielverlag)

Ein Engel mit Prinzipien
In den zukünftigen Folgen wird Jonathan im Vorspann von seinem Freund Mark mitgenommen. Den hat er zu Beginn der ersten Folge aber noch gar nicht getroffen und so startet man hier nun direkt mit der Handlung. Jonathan ist zu Beginn auf der Suche nach einem liebenswürdigen Fahrer, der ihn mitnimmt. Dabei etabliert die Serie mit der nun folgenden Sequenz direkt das Grundprinzip zukünftiger Folgen, seine Hauptfigur und die wichtigste Botschaft von „Ein Engel auf Erden“. Aber der Reihe nach. Die Konversation mit Clyde, der Anhalter vor allem als finanzielle Chance betrachtet, hebt gleich einmal Jonathans entspanntes Naturell hervor. Dessen Laune wird nämlich auch nicht dadurch groß getrübt, dass Clyde ihm für die Mitnahme Geld abknöpfen will. Immer freundlich bleiben. Was aber nicht heißt, dass unser Protagonist nicht auch eiserne Prinzipien hat. Jonathan entscheidet sich dafür lieber zu laufen als sich einen netten Gefallen einzukaufen – ein Verständnis, das einem Engel natürlich gut steht.

Gerade durch den Kontrast mit Clyde wird das moralische Rückgrat unserer Hauptfigur dabei besonders deutlich. Clyde repräsentiert mit seiner Aussage „Nichts ist umsonst auf dieser Welt“ das eine Ende des moralischem Spektrums, worauf Jonathan mit dem Hinweis „Helfen schon“ kontert und damit seine dazu gegensätzliche Sichtweise positioniert. Mit der Aussage „In welcher Welt leben Sie denn“ braust Clyde davon und etabliert damit schon einmal gut die Hindernisse, die unser Protagonist in der Serie überwinden muss. Und wie er dies tut, davon bekommen wir gleich einen kleinen Vorgeschmack.

Jonathan Smith in "Ein Engel auf Erden"
Immer freundlich bleiben. Abzocken läßt sich Jonathan aber nicht (Foto: ©Pidax Film- und Hörspielverlag)

Göttliche Hilfe zur Selbsthilfe
Die Botschaft des Friedens und der Freude kommt ja leider nicht bei jedem gut an und darum ist es wohl nur richtig, dass unser Engel auch noch ein paar Asse im Ärmel hat. Das Clydes Auto kurz darauf „überraschend“ liegen bleibt zeigt aber nicht nur, dass Jonathan ein paar ganz spezielle übernatürliche Fähigkeiten besitzt. Es verdeutlicht auch, dass er diese auch gerne einsetzt, um seine Botschaft doch noch an den Mann oder die Frau bringen zu können. Fast ein bisschen schelmisch für einen Engel, doch die Serie passt auf, dass diese Szene nicht wie beleidigte kindliche Rache wirkt. So hilft Jonathan freundlichst bei der Reparatur und, mindestens genauso wichtig, öffnet das Herz unseres bisher grummeligen Gegenspielers.

Dabei ist auch das Detail beachtenswert, dass Jonathan zwar das Auto repariert, aber dafür keinerlei Gegenleistung einfordert. Stattdessen ist es dann Clyde, der bewusst die Entscheidung trifft unsere Hauptfigur doch mitzunehmen. Womit dann auch ein weiterer Grundgedanke der Serie gleich zu Beginn etabliert wird, nämlich dass in den meisten Leuten ja doch zumindest irgendwas Gutes steckt. Und Jonathans Auftrag ist es genau diese kleinen Flammen wieder zu entfachen, wobei er allerdings vor allem Hilfe zur Selbsthilfe gibt.

Jonathan Smith in "Ein Engel auf Erden"
Mit letzten Ölungen kennen sich Engel ja aus. Ob Jonathan den Motor wieder zum Laufen kriegt? (Foto: ©Pidax Film- und Hörspielverlag)

Sei gut zu mir, dann bin ich gut zu dir
Während der Autofahrt der Beiden wird unser bisheriger Eindruck von Jonathan dann weiter verfestigt, in dem dieser lächelnd äußert, dass er ja wirklich eine spezielle Gabe hätte und damit natürlich auch viel Geld verdienen könnte – es aber offensichtlich nicht will. Guter Mann. Und wenn Clyde am Ende sogar einen kleinen Umweg macht, um Jonathan genau zu dessen Ziel zu bringen, wird deutlich, dass unser Engel saubere Arbeit geleistet hat. Damit die Botschaft bei Clyde (und beim Publikum) aber auch wirklich ankommt, läßt man Jonathan am Ende der Fahrt auch noch einmal die Quintessenz aussprechen: Ist man gut zu Anderen, sind diese es auch zu einem selbst.

Eigentlich könnten wir an dieser Stelle nun bereits Schluß machen, möchten aber trotzdem noch einen kleinen Blick auf die Folgeszene werfen. Nach dem kleinen Vorspiel erhöht man nämlich nun den Einsatz und macht deutlich, welche größeren Herausforderungen und Missionen noch am Horizont auf unseren Helden warten. Mit dem heruntergekommenen Altersheim und seinem kaltherzigen Leiter präsentiert man Jonathan jetzt eine deutlich schwerere Aufgabe, die nicht mehr mit einem einfachen Fingerschnippen zu lösen ist. Im Dialog mit dem kühlen Mr. Haskins werden dabei auch noch weitere Eigenschaften von Jonathan eingeführt. So zum Beispiel Cleverness und Schlagfertigkeit, da Jonathan gegenüber Hastings ziemlich schlau und schnell argumentiert. Und es werden bereits bekannte Eigenschaften weiter verstärkt. So die übernatürlichen Fähigkeiten, da Jonathan von der freien Stelle schon weiß ohne dass diese überhaupt ausgeschrieben war. Oder die Tatsache, dass Jonathan ganz selbstlos umsonst arbeiten möchte.

Jonathan Smith in "Ein Engel auf Erden"
Unbezahlte Arbeitskräfte. Die nimmt man doch mit Kusshand (Foto: ©Pidax Film- und Hörspielverlag)

Nostalgie und Nächstenliebe auf Anschlag
Auch wenn Mr. Haskins zumindest einmal kurz lächelt und unserem Engel doch eine Chance gibt – noch ist die Botschaft der Nächstenliebe hier nicht angekommen. Aber dank der Vorgeschichte wissen wir bereits schon, wie unser Engel hier wohl nun vorgehen wird. Im anschließenden Gespräch mit dessen deutlich netteren Assistentin Leslie zeigt sich Jonathan dann weiter von seiner emphatischsten Seite. Auch jetzt wird man nicht müde Jonathans wichtigsten Eigenschaften und Fähigkeiten weiter eine Bühne zu geben. So öffnet unser Engel das scheinbar widerspenstige Schloss des Geräteschuppens für Leslie auf magische Art und Weise – natürlich nicht ohne darauf hinzuweisen, dass man früher (also in einer besseren Welt) ja gar nicht erst abzuschließen gebraucht hätte. Und er kennt den Namen unserer Assistentin, ohne diesen je gehört zu haben.

Ja, das ist natürlich mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Die zentralen Kernaussagen werden nicht nur sehr lautstark und repetitiv, sondern auch auf nostalgisch-kitschige Weise propagiert. Aber das passt eben einfach auch gut zur anvisierten Zielgruppe. Hier wird die Botschaft Gottes auf dem Silbertablett serviert und ob diese Speise einem munden wird oder nicht, dürfte nach dieser Charaktereinführung für jeden da draußen ziemlich leicht zu entscheiden sein.

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